Bewegung nach Brustkrebs

  1. Startseite
  2. Bewegung
  3. Bewegung nach Brustkrebs

Wie sieht das richtige Sportprogramm nach der Brustkrebs-Therapie aus?

Da ich mein Sportprogramm in der AHB auf Föhr wahrscheinlich etwas übertrieben hatte, und mit Schmerzen wieder nach Hause gekommen bin, so wollte ich zukünftig besser die Balance halten. Die Frage, die ich mir stellte: Was ist zu viel und was zu wenig Sport?

Bewegung hilft

Die Deutsche Krebshilfe rät für eine bessere Genesung nach der Erkrankung und zur Vorbeugung von Folgeerkrankungen zu einem Trainingsumfang von 180 Minuten in der Woche. Verschiedene wissenschaftlichen Studien belegen, daß Bewegung und Sport während und nach der Krebsbehandlung positive Effekte auf den Körper und das gesamte Wohlbefinden hat. Generell sollten Krebserkrankte daher zweimal wöchentlich kräftigende Übungen für die Hauptmuskulatur aber auch tägliche Dehnübungen tätigen. So gab mir meine Onkologin mit auf den Weg, mindestens eine halbe Stunde Sport pro Tag zu machen.

Doch was macht man, wenn man sich kaum mehr bewegen kann, weil man es übertrieben hat? Was ist also zu viel und was zu wenig?

Da ich aber mit einer Rippenblockade sehr eingeschränkt aus der AHB zurückkam, so hatte ich Angst meinen Körper wieder zu überfordern. Von der Idee, zügig meine Muskeln wieder aufbauen zu können, musste ich mich daher erstmal verabschieden. Ein Jahr später sind die Rippenschmerzen immer noch da. Sobald ich Sport mache, habe ich Schmerzen zwischen und unter den Rippen. Was mein Problem genau ist, kann keiner sagen.

Ich war bei meiner Orthopädin, es wurde ein MRT gemacht und ich habe diverse Physiotherapie Rezepte in Anspruch genommen. Es können die Muskeln, die Nerven als auch das Zwerchfell sein, die durch die Bestrahlung und die anschliessende Gürtelrose in Mitleidenschaft gezogen worden sind. Mittlerweile sind die Schmerzen nicht mehr so schlimm, aber sie kommen und gehen. Ich habe gute und schlechte Tage. Wenn ich viel am Schreibtisch sitze, tut es auch wieder verstärkt weh.

Wie ich durch das Jahr gekommen bin und trotzdem mich bewegen konnte, möchte ich mit diesem Beitrag einmal beleuchten.

T-RENA & IRENA

Wer beim DRV Bund ist, kann nach der AHB und der Reha zwei Sportprogramme in Anspruch nehmen: zum einen T-RENA und zum anderen IRENA.

T-RENA ist ein gerätegestütztes Training, das die körperliche Leistungsfähigkeit nach der Reha/AHB wieder herstellen soll. T-RENA wird in speziellen Rehabilitationseinrichtungen, Gesundheitszentren, Physiotherapie-Praxen oder Krankenhäusern angeboten. In Hamburg gab es allerdings nur zwei Reha-Zentren, die dieses Programm anbieten. Einmal in Norderstedt und einmal im Vamed Reha Zentrum Harburg. 

IRENA ist das alternative Nachsorgeprogramm, das Probleme in mehreren Bereichen abdeckt. Hier werden nicht nur Geräte, sondern auch Klinische Psychologie, Arbeitstherapie, Klinische Sozialarbeit, Information und zum Beispiel Ernährungsmedizin angeboten. Auch IRENA wird nur in speziellen Rehabilitationseinrichtungen durchgeführt.

Da mir der Weg nach Norderstedt mit über einer Stunde Anfahrtszeit zu weit weg war, entschied ich mich für Harburg. Vor und während meiner Eingliederung konnte ich die drei Stunden, die ich für den Anfahrtsweg, die Durchführung und den Nachhauseweg aufbringen musste, gut umsetzen. Als ich jedoch wieder volle 8 Stunden gearbeitet habe, war es mir nicht mehr möglich das Programm gut in meinen Tagesablauf innerhalb der Öffnungszeiten des Rehazentrums zu integrieren. Meines Erachtens fehlt daher in Hamburg einfach ein Zentrum in der Innenstadt.

Nichts desto trotz, bin ich dort gerne hingegangen. Ich habe individuelle Übungen gezeigt bekommen und hatte das Gefühl, mich leichter und vorsichtiger mit meinen Rippenschmerzen an den Muskelaufbau begeben zu können. Ich konnte auch immer wieder meine Übungen mit dem Trainingspersonal reflektieren. Ich hatte ein Programm, das sowohl Muskelaufbau als auch Dehnungsübungen beinhaltete. Eine meiner Lieblingsübungen, war zum Beispiel die Rippendehnung mit dem Erdnuss Ball. Ich habe mir dann noch für zu Hause einen schönen Sitting Ball (von Lidl) bestellt, über den ich mich auch immer wieder zwischendurch dehnen konnte. So konnte ich ein paar der Übungen auch zu Hause durchführen. Auch das Terra Band Band, das ich auf Föhr bekommen habe, konnte ich immer wieder gut benutzen.

Spazierengehen

Wenn mich eine Routine während und nach der Therapie begleitet hat, dann das Spazierengehen. Und wenn es nur einmal um den Block herum war. Ob langsam oder schneller, egal, Hauptsache raus an die frische Luft. Oder einfach eine Regenhose anziehen, Mütze auf den Kopf und los ging es. An die Elbe, durch den Park, mit Freundin und Lieblingshund, am Meer, durch die Weinberge bei meinen Eltern oder durch Wohngebiete am Abend nach der Arbeit. Mit der Wiedereingliederung wurde die Zeit für Sport wieder knapp. Und nach einem 8 Stunden Tag im Winter blieb nicht mehr viel vom Tag übrig. Aber ein Spaziergang ging immer irgendwie.

Seit dem letzten Sommer habe ich mir noch eine Smart Watch gegönnt, die meine Schritte zählt. Ich versuche pro Tag zumindest auf 10.000 Schritte zu kommen. Da ich nach der Therapie Schwierigkeiten hatte, mich und meinen Körper wieder richtiger einschätzen zu können, so half mir die Uhr auch einfach am Abend mit einem Spaziergang zufrieden mit mir und meinem Sportprogramm zu sein. Und ein gutes Maß an Bewegung für mich zu finden.

Joggen

Nach einigen Monaten, habe ich mich auch wieder getraut, joggen zu gehen. Aber ersteinmal nur kleine Runden. Eine halbe Stunde schaffe ich mittlerweile wieder ganz gut. Ich hatte meine Schwierigkeiten, beim Joggen in eine Routine reinzukommen. Ich habe auch hier versucht, gnädig mit mir zu sein. Und stolz auf mich zu sein, wenn ich mal eine halbe Stunde laufen konnte. Die Rippenschmerzen begleiten mich noch heute – die chronischen Schmerzen haben Spuren hinterlassen. So bin ich dankbar, wenn ich einmal pro Woche joggen gehen kann. Ich habe es nicht mehr eilig und verstanden, dass mein Körper einfach länger braucht, um fitter zu werden.

Leider kam in den letzten Monaten viel privat zusammen. Ich rutschte mit einer Familie in eine besondere Pflegesituation und war kaum zu Hause. Zusätzlich habe ich meinen Wohnort von Hamburg nach Berlin verlegt, da ich nach der gesamten Therapiezeit mal frischen Wind um meine Nase herum gebraucht habe. Kurz gesagt, ich konnte Hamburg nicht mehr sehen.

Nun wohne ich für ein Jahr auf Probe in Berlin. Auf Grund der familären Situation war ich aber nach dem Umzug mehr in Offenburg als in Berlin. Meine Laufschuhe habe ich trotzdem überall mit hingeschleppt. Und manchmal blieb es nach der Arbeit eher bei einem langen Spaziergang durch die Nachbarschaft.

Dafür habe ich sowohl in Offenburg als auch in Berlin schon kleine neue Strecken entdeckt. Für meinen neuen Wohnort Berlin, habe ich herausgefunden, wo ich morgens vor der Arbeit eine halbe Stunde laufen gehen kann. Der Volkspark Friedrichshain ist mit Hin-und Zurücklaufen in 40 Minuten erreichbar. Eine gute Strecke, um sich nicht komplett am Morgen zu überfordern. Am Wochenende habe ich sogar auch schon eine kleine Extra-Runde im Park geschafft. Nach all der Zeit, tut es einfach gut, neue Wege zu gehen oder zu laufen.

Fahrrad Fahren

Ich fahre gerne Fahrrad. Und mein neuer Lieblingssport ist der tägliche halbstündige Fahrradweg morgens zur Arbeit und wieder nach Hause. Das macht pro Tag auch 1 Stunde Extra-Sport. Mit dem Umzug nach Berlin habe ich derzeit den besten Arbeitsweg, den man sich vorstellen kann. Ich fahre vorbei am Berliner Dom, der Museumsinsel, dem Bundestag und dem Hauptbahnhof immer an der Spree entlang.

Vor allen Dingen freue ich mich darauf, Berlin mit dem Fahrrad im Sommer zu erkunden und zu all den schönen Seen rund um Berlin zu fahren. Nachdem mir mein Fahrrad in Hamburg gestohlen wurde, habe ich mir ein Swapfiets besorgt, dass ich mit einem Ortswechsel auch nach Berlin mitnehmen konnte. Mittlerweile merke ich auch, wie meine Kondition wieder zugenommen hat und längere Fahrradtouren nicht mehr ganz so anstrengend sind, wie vor einem Jahr.

Yoga

Im Rahmen der Chemotherapie hatte ich mit Hilfe der youtube Videos von Mady Morrison mit kleinen Yoga Übungen angefangen. Die moderaten Formate hatten mir immer wieder im Rahmen der Therapie geholfen. Im letzten Herbst war ich dann mit auf dem Trancalamte Surf-und Yoga Camp für Frauen, die an Brustkrebs erkrankt waren/sind. Hier haben wir morgens und abends Yoga praktiziert. Während des Camps habe ich immer wieder meine Schmerzen in den Rippen gespürt. Wahrscheinlich auch durch die Anstrengung beim Paddeln. Als ich aus dem Camp zurückkam, habe ich jedoch eine deutliche Verbesserung gemerkt. Ich gehen davon aus, dass durch das Dehnen beim Yoga sich auch die Muskeln entspannen konnten. In meiner neuen Wohnung habe ich daher mit einer kleinen Morgen Routine angefangen. Morgens nach dem Aufstehen mache ich mit Blick auf die Dächer von Berlin meine 15 Min Yoga Übungen, die uns Anna Götz mitgegeben hat.

Schwimmen

Schwimmen ist eine meiner Lieblingssportarten. Im letzten Sommer habe ich mich durch sämtliche Freibäder geschwommen. Da ich viel Zeit in Offenburg verbracht habe, habe ich dort fast jeden Abend das lokale Schwimmbad Stegermatt aufgesucht. Joggen und Spazierengehen ging bei der Hitze selbst am Abend nicht. Besonders in der heißen Hochsommerzeit hat mir das Schwimmen und die Abkühlung auch bei meinen Hitzewallungen geholfen. Zusätzlich hatte mich meine Covid19 Erkrankung konditionstechnisch wieder zurückgeworfen und mir wieder vermehrt Schmerzen auf der operierten Seite der Brust beschert. Durch das das Schwimmen konnte ich meine Kondition und Beweglichkeit schnell wieder aufbauen.

In Berlin habe ich das Stadtbad Mitte „James Simon“ auch schon ausprobiert. Das 1930 erbaute Schwimmbad ist zwar sehr imposant, aber leider auch sehr überlaufen. Ich konnte mich daher mit einem kleinen unaufgeregten Schwimmbad auf der Fischerinsel anfreunden, in dem man zu ausgewählten Zeiten in Ruhe seine Bahnen ziehen kann.

Surfen

Und was ist eigentlich mit dem Surfen? Um ehrlich zu sein, ich war kurz nach der Therapie einfach lange nicht mehr fit genug fürs Surfen. Im Herbst 2022 hatte ich dann die Gelegenheit an dem oben erwähnten Trancalmate Surf Camp teilzunehmen. Hierfür werde ich beizeiten noch einen Extra Beitrag verfassen.

Ich habe es am Ende geschafft, wieder auf einem Surfboard zu stehen und ein paar Wellen zu reiten. Das war ein unbeschreibliches Gefühl. Auch wenn ich mit meinem Körper immer noch an meine Grenzen gestoßen bin. Ich habe Balance Schwierigkeiten, meine Körperspannung ist nicht mehr so vorhanden wie vorher, mir fehlt die Kraft fürs lange Paddeln und ich mich begleitet eine Unsicherheit. Ich weiß, dass ich für das Surfen weiterhin meine Muskeln und meine Beweglichkeit aufbauen möchte. Daher wird die spannende Frage für die Zukunft sein, wie ich dieses weiter ausbauen kann, trotz der Rippenproblematik.

Nichts desto trotz bin ich froh, wie weit ich schon gekommen bin. Vor einem Jahr sah alles noch ganz anders aus. Ich bin mir sicher, mit all den Erkenntnissen, finde ich meinen individuellen Weg. Denn jeder Körper ist anders. Und meiner braucht einfach etwas mehr Zeit und Geduld.

Bewegung und Sport

  1. Gehe nur so weit, wie es Dein Körper zulässt
  2. Sei gnädig mit Dir und Deinem Körper
  3. Finde einen passenden Reha Sport (IRENA/T-RENA)
  4. Nimm Dir Zeit für Dich
  5. Gönn Dir auch Erholungsphasen
  6. Wechsel ab zwischen Muskeltraining und Dehnung
  7. Nach einem langen Arbeitstag ist ein Spaziergang auch genug
  8. Finde Deine eigenen Routinen
  9. Integriere Bewegungen in Deinen Tagesablauf
  10. Sei stolz auf Dich und jedes Training, was Du geschafft hast

Mehr von Surfive

Polyneurophatie

Poly-Was? Wenn Hände und Füße taub werden. Polyneuropathie ist der Oberbegriff für bestimmte Erkrankungen des peripheren Nervensystems, die mehrere Nerven betreffen.

ZUM BEITRAG

Surfen ist Glück

Beim letzten Surfen vor der Therapie ist mir eines klar geworden. Glück ist: Surfen, auf die Welle warten, das Meer beobachten, paddeln, atmen, den Blick auf den Horizont werfen, das Gefühl auf dem Brett Meter weit zu fliegen.

ZUM BEITRAG