Geduld im Heilen

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Ein weiter Weg in die Reha.

„Wenn Du in die Reha kommst, wird alles besser werden.“ Um überhaupt in die Reha zu kommen, musste ich eine Extra-Schleife drehen.

Gürtelrose und andere Geschichten

4 Tage vor meinem Reha Antritt nach Föhr entdeckte ich am Wochenende unter meiner Brust kleine juckende Pusteln. „Nicht schon wieder eine Strahlentherapie-Nebenwirkung“, dachte ich noch. Meine Hausärztin klärte mich auf: „Nein, das ist eine Gürtelrose. So können Sie nicht in die Reha!“ Ein Anruf auf Föhr brachte Gewissheit. So würde mich die Klinik Sonneneck nicht aufnehmen. Zum einen war ich ansteckend und zum anderen hätte ich einfach einige Anwendungen gar nicht durchführen können. Vielleicht, so sagte man mir, hätte ich Glück und könnte einfach eine Woche später kommen, falls dann noch ein Platz frei und ich wieder reisefähig wäre.

So pfiff ich mir zunächst 7 Tage Aciclovir rein, ein Arzneistoff aus der Gruppe der Virostatika, der zur Behandlung von Infektionskrankheiten durch Viren aus der Familie der Herpesviren eingesetzt wird. Wenn die Gürtelrose schnell behandelt wird, so kann verhindert werden, dass die Viren sich gürtelartig einseitig um den Körper ausbreiten. In der Verzeiflung nahm ich jeden Tag ein kleines Foto auf, um zu sehen, ob sich die Pusteln weiter ausbreiten würden. Nach ungefähr 7 Tagen schienen sich endlich keine weiteren Pusteln mehr zu bilden.

Für meine Nerven, ging ich dann noch in den Michel und zündete für mich eine kleine Kerze an und hoffte auf einen freien Platz in der folgenden Woche. Als am Wochenende darauf die ganze Brust knatschrot anlief, ging ich noch in die Notaufnahme vom UKE, um auch hier keine Zeit verstreichen zu lassen. Eine nette Dermatologin bestätigte, dass die Brustentzündung auch von der Gürtelrose herkam und bat mich, eine konsequente Schmerztherapie zu beginnen, so dass sich die Nervenschmerzen nicht chronisch in mein Schmerzgedächtnis einprägen würden. Also nahm ich, wenn auch mit Widerwillen, zusätzlich Ibuprofen und Pregabalin, ein Antidepressiva, was besonders gegen die Nervenschmerzen helfen sollte, ein. Und dachte, mehr kann ich einfach nicht machen und es wird schon alles gut werden!

Leider Nein

In der nächsten Woche war auf Föhr dann doch kein Platz mehr für mich frei. So musste ich einen neuen Antrag stellen, der meine AHB in eine AGM (AnschlußGesundheitsMaßnahme) umwandeln würde. Mit einer netten Dame in der Klinik Sonneneck vereinbarte ich, so lange der Antrag laufen würde, auf einer Warteliste stehen zu bleiben, um somit zügig in die Reha zu kommen. Sie phrophezeite mir jedoch, dass ich mit ungefähr zwei Monaten Verzögerung rechnen müsste und behielt am Ende Recht. Alle weiteren Details sprengen wahrscheinlich hier das Format, aber nicht nur die Gürtelrose und die schlimmer werdenden Schmerzen ging mir auf die Nerven, sondern auch die ganze Bürokratie mit dem Deutschen Rentenbund und das Warten in den Telefonschleifen, waren etwas nervenaufreibend. Ich dachte zwischenzeitlich, so werde ich lange nicht gesund.

Warten auf Besserung

Ich beschloß in der Wartezeit ersteinmal zu meinen Eltern in die Ortenau zu fahren. Schon über ein ganzes Jahr hatten wir uns nicht mehr gesehen. In der Akuttherapie waren 700 Kilometer einfach eine zu weite Strecke. Ausserdem hat es uns Corona auch nicht einfacher gemacht. So machte ich mich von einem Tag zu anderen auf den Weg und saß zum ersten Mal auch seit langem wieder in einem Zug. Ich freute mich meine Eltern endlich in die Arme schließen zu können, machte ein paar schöne Ausflüge mit einem Freund und hoffte, die Schmerzen der Gürtelrose würden langsam zurückgehen. Am Ende der dritten Woche waren zwar die Pusteln langsam weg, ich hatte jedoch noch ziemliche Schmerzen und litt weiterhin unter meinem Frieren und den ständigen Hitzewallungen.

Nachdem weiterhin keine Entscheidung vom DRV zurückkam, so beschloß ich zwei weitere Wochen mit meinen Eltern, meinem Bruder und Familie in die Natur zu fahren. Ich dachte, vielleicht könnte mir die Luftveränderung gut tun.

Erholen in der Natur

Auch wenn ich weiterhin auf heißen Kohlen saß, da ich hoffte, doch jeden Tag vom DRV oder Föhr eine positive Nachricht zu bekommen, freute ich mich über die Zeit mit meiner Familie. Leider schien ich mich jedoch in den zwei weiteren Wochen nicht grundlegend zu erholen. Vielleicht lag es daran, dass ich zu ungeduldig mit mir selber war oder die Gürtelrose in den Nachwirkungen einfach noch auf den Körper wirkte.

Ich glaube, mir wurde erst in diesen zwei Wochen klar, wie sehr ich doch das Gefühl zu meinem Körper verloren hab. Ich fragte mich, warum ich mich in den letzten Wochen bzw. Monaten noch schlechter fühlte, als zu den Zeiten der Chemotherapie. Irgendwann wurde mir bewusst, dass das Kortison während der Chemo dafür gesorgt hatte, dass ich einfach nicht mitbekommen habe, wie sehr mein Körper unter der ganzen Blastung gelitten hatte.

Nach den zwei Wochen in der Natur, war ich zwar mental etwas gestärkt, aber körperlich hatte ich neue Beschwerden bekommen. Meine rechte Brust war hart geworden und schmerzte wieder, meine Luft- oder Speiseröhre brannte, meine linke Brust war so verspannt, dass mir beim Atmen alles weh tat, das Frieren und die Hitzewallungen waren eher wieder heftiger geworden und die Schlafstörungen hatten auch wieder zugenommen. Einzig allein die Muskel- bzw Nervenschmerzen in den Beinen waren durch das tägliche Laufen etwas besser geworden.

Zwischenzeitlich hieß es vom Deutschen Rentenbund, dass ich erst im November in die Reha nach Sylt fahren könnte. Mit der Aussicht noch einmal zwei weitere Monate zu warten, um endlich wieder fit zu werden, fing ich fast an zu verzweifeln. So bat ich nochmal den DRV um eine Umschreibung wieder zurück nach Föhr, was dann am Ende auch zum Glück geklappt hat. Der angepeilte Termin im September auf Föhr schien sich auch weiterhin so zu bestätigen. Es wurde einfach zwischenzeitlich kein neuer Platz für mich frei und ich übte mich weiterhin in Geduld.

Rehabilitation zu Hause

Ich beschloß nach den zwei Wochen wieder nach Hause zu fahren, um mich nochmal bei meiner Ärztin durchchecken zu lassen. Zunächst waren meine Blutwerte wieder schlechter geworden. Eigentlich hatte ich gehofft, dass sich diese mehr stabilisieren würden. Dies war leider nicht der Fall. Zum Glück waren die restlichen Bluttests und ein weiteres Röntgenbild unaufällig. Anscheinend kamen die Brustschmerzen von einer absoluten Verspannung im Rücken. Ich versuchte daher die letzten zwei Wochen etwas halblang zu machen, buchte mir Massage und Akupunktur und ließ mir noch einmal ein Physiotherapie Rezept für die Brust geben. Da ich wußte, dass sich die Brust nach der Bestrahlung wieder verschlechtern könnte, so fragte ich bei der Praxis Josenhans nochmal nach kurzfirstigen Terminen, bis meine Reha einsetzen würde. Durch die Gürtelrose konnte ich dieses leider nicht schon viel früher machen und ausserdem wollte ich ja schon längst in der Reha sein.

In meiner freien Zeit setzte ich ein paar Bildideen um, die ich aus dem Urlaub mitgenommen hatte und machte somit meine eigene kleine Kunsttherapie. Zusätzlich probierte ich aus, ob sich durch das Schwimmen, die Hitzewallungen eindämmen lassen würde. Es hat leider nur minimal geholfen. Aber es war toll, endlich wieder schwimmen gehen zu können! Und zum Glück nahm mich eine Freundin mit in ihre Wochend-Datscha. So gingen die letzten drei Wochen gut rum.

Reflexion mit Morgenseiten

Seit ca. 10 Wochen gehe ich gerade den Weg des Künstlers, einen spirituellen Pfad zur Aktivierung der eigenen Kreativität. Ein Freund hatte mich dazu eingladen. Das Buch regt mit verschiedenen Coaching-Fragestellungen und kleinen Übungen dazu an, seine eigene Kreativität neu zu entdecken. Ich habe dabei festgestellt, dass ich meine Kreativität schon gut auslebe. Aber die Übungen haben mir zum Teil auch geholfen, das letzte Jahr und vor allen Dingen die letzten Wochen zu verarbeiten.

Eine Übung dabei ist, jeden Morgen, bevor man irgendetwas anderes tut, drei Seiten vollzuschreiben, mit dem, was einem in den Sinn kommt. Gestern durfte ich mir die Seiten, die ich in den letzten Wochen vollgeschrieben habe, endlich durchlesen. Schon beim Schreiben fiel mir auf, dass ich jeden Morgen ersteinmal nur über mein „Leieden“ schrieb. Über schlechte Nächte, über Schmerzen, über Frieren, Hitzewallungen, und so weiter und sofort. Irgendwann kam der Punkt, an dem ich von dem Jammern einfach selber genug hatte. Wenn ich nicht jammern wollte, so fing ich irgendwann an, Affirmationen darüber zu schreiben, wie ich mich gut fühlen möchte.

Ich bin mir sicher, hätte ich diese Übung nicht konsequent jeden Tag gemacht, so wäre ich in den letzten Wochen etwas verzweifelt. Dass ich nach der ganzen Anstrengung nicht in die Erholung komme und am Ende noch eine Gürtelrose um die Ecke kommt, damit hätte ich nicht gerechnet. Ich habe die ganze Zeit auf das Ende der Therapie hingefiebert und mir vorgestellt, wie ich gesund am Meer stehen werde. Und dann mußte ich einfach nochmal zwei weitere Monate warten, bis es endlich so weit werden würde. Auch hatte ich mit der Entäuschung zu kämpfen, dass sich alle meine Pläne für die Zeit nach der Reha in Luft aufgelöst hatten. Ich weiß nicht, wie oft ich in den letzten Wochen den Satz von mir gegeben hab: „Eigentlich wollte ich doch…“

Das tägliche Schreiben hat mir geholfen, neue Wege zu finden, durchzuhalten, mich nicht aufzugeben und vor allen zu verstehen, dass mein Körper mir andere Signale sendet, als mein Geist. Und dass ich auf mich selber achten darf und ich mich einfach gut fühlen möchte.

Morgen fahre ich zum Glück endlich in die Reha und es ist nun die richtige Zeit dafür.

Tipp: Überbrückung von Wartezeit auf die Reha

  1. Mach, was Dir Freude bringt
  2. Buche Dir Zeit für Entspannung
  3. Besorge Dir Physiotherapie-Rezepte
  4. Atme
  5. Schlafe
  6. Mach Dir ein feines Freizeitprogramm
  7. Esse leckere und gesunde Dinge
  8. Führe schöne Gespräche mit Freunden
  9. Lass Dich nicht vom DRV abwimmeln
  10. Schreibe Dir positive Affirmationen
  11. Mach Dir Dein eigenes kleines Reha Programm
  12. Überforder Dich nicht
  13. Lebe den Moment
  14. Mach, was Dir Freude bringt!

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